Es ist Vorstandssitzung. Großer Raum nimmt die Hessenmeisterschaft in Bad König und der Rücktritt des seitherigen zweiten Vorsitzenden ein. Meine Kollegin, die zweite Pressesprecherin, Christina Schlingmann und ich als erster Pressesprecher sind als Gäste auch eingeladen. Christina habe ich aber selbst nie im Dojo gesehen. Damals, als sie zur Wahl kandidiert hat, schon. Seitdem nie mehr wieder. Oft habe ich mich gefragt, war dies die kurze Gastvorstellung wert gewesen? Wer ist diese Frau, die schnell mal erscheint, für ein Amt kandidiert und sich dann nicht mehr sehen lässt?
Und doch. An dieser Vorstandssitzung war sie überraschend aktiv und konnte mit mancherlei Redebeiträgen für die Hessenmeisterschaft 2008 echt konstruktiv für den Verein brillieren. Als der offizielle Vorstandsteil schon beendet war, kam sie verschüchtert mit einem privaten Begehren. Sie würde gerne einmal wieder in Karate einsteigen, traue sich aber nicht so recht. Die Tage ihrer Gurtprüfungen seien schon zu lange her. Für diese Möglichkeit würde sie sogar wieder mit Weißgurt erscheinen. Ich platze da sofort in die Unterhaltung, biete ihr an, dass sie hinter meinem breiten Rücken als ewiger Gelbgurtliebaber in meinem Schatten gar nicht auffallen werde und unbeachtet bleibe. Sie sichert zu, am nächsten Tag zur Mittwochsstunde erscheinen zu wollen. Ich auch! Und wir halten beide Wort. Mittwochsstunde bei fast leerem Dojo. Idealste Voraussetzungen für ihr Vorhaben. Links von mir zwei jüngere Weißgürtler. Sie stehen zur Prüfung an. Ich als altgedienter Karateka in gelb, rechts von mir Manuela, die in dezentem orange erschienen ist. Momo freut sich sichtlich über ihre Anwesenheit. Und behutsam führte er sie wieder ein. Gymnastik, einige Grundschritte, Pausen dazwischen und zum Abschluss die Heian Shodan in mehreren Steigerungen. Ich bin froh für die Gelegenheit der Wiederholungen. Deutlich erkenne ich nach dem dritten Durchgang, ihre Mae Geris sind besser als die Meinigen. Und dann zum Abschluss fragt Momo: „Na wie war's?“ Sie in Schweiß gebadet aber denn doch überglücklich: „Jetzt bin ich wieder drin!“ Das Schöne scheint zu sein, es bleibt doch immer soviel erhalten, dass es zum Wieder einsteigen immer noch reicht. „Jetzt bin ich wieder drin!“ Wie schön doch der Karatesport sein kann!
G.Huka